Was ich über die Jahre immer wieder feststellen durfte, ist, dass es selten bis nie gelingt, unseren Alltag von Emotionen zu trennen.
Was wir alle über die Jahre immer wieder feststellen, ist, dass unser eigenes Verständnis für Emotionen eine scheinbar lebenslange Reise zu uns selbst darstellt.
Wann immer wir nach etwas Streben, so liegt der Schlüssel oft darin, dass wir in uns Ruhen. Frieden mit uns und unseren Emotionen finden und diesen Frieden wahren.
„Wandele deine Wunden in Weisheit“ – Oprah Winfrey
Bereits als Kinder wagen wir, wenn auch nicht bewusst, die ersten Expeditionen ins Reich unserer Emotionen.
Zugegeben, Verständnis ist oft nicht unser erster Gedanke, wenn wir über ein quengelndes, sich windendes Kind im Süßwarengang des örtlichen Supermarktes stolpern.
Aber im Grunde durchlebt dieser kleine Mensch in diesem Moment eines seiner ersten emotionalen Gewitter. Eine Mischung aus den herausforderndsten unserer sieben Basisemotionen: Freude, Überraschung, Ärger und Wut.
Nur dadurch, dass wir diese Emotionen in all ihren Kombinationen durch- und erleben können wir lernen, mit ihnen umzugehen. Denn das ist ja schon das nächste, gesellschaftlich leider oft noch gut gehütete Geheimnis:
„Gefühle brauchen keine Berechtigung“
Über Generationen gehörte es zum guten Ton, Emotionen so gut es geht zu unterdrücken und mit sich selbst auszumachen. Es schickte sich schlichtweg nicht, vorwiegend „negative“ Emotionen wie Angst, Trauer und Wut offen zu zeigen.
So wurden diese Empfindungen im Basisprogramm der häuslichen Erziehung quasi zum Familiengeheimnis erklärt, welches es zu hüten galt. Väter weinten nicht, Mütter nahmen klaglos an, was das Leben ihnen aufbürdete.
Ob sich wohl statistisch gesehen heute mehr Kinder als damals kreischend durch Supermärkte rollen als damals? Ja gewiss, das mag absolut so sein.
Aber liegt es daran, dass wir unsere Kinder „verweichlichen“? Nein, gewiss nicht. Im Grunde hat es sich glücklicherweise mehr und mehr eingeschlichen, Kinder auch durch ihre Erfahrungen der Emotionen zu begleiten, und ihnen vorzuleben, dass Emotionen etwas natürliches sind. Wir alle haben sie, und wir alle lernen erst im Lauf unseres Lebens, mehr oder weniger, sie im Alltag kontrolliert und gesund als Teil unserer Persönlichkeit anzunehmen.
Wenn wir eines nicht wiederholen wollen, dann den Fehler, unseren Kindern ein Gefühl von „Du bist nicht richtig, Du bist anders“ zu vermitteln.
„ Wir alle haben Gefühle, dazu könnte man hin und wieder auch einfach mal stehen“
Und es ist so viel leichter, wenn wir jemanden an unserer Seite haben, der uns dabei begleitet. Ob es nun in den ersten Schritten unserer emotionalen Reise zu uns selbst die Eltern sind, die uns als sicherer Hafen zur Seite stehen, oder im erwachsenden Part des Lebens Freunde / Partner, die uns zu verstehen geben, dass wir mit, und vielleicht grade durch unsere Emotionen wertvoll sind.
Wie jede Reise, ist auch die zu uns selbst so viel reicher, wenn wir sie nicht alleine machen (müssen).
Hier nun also eine kleine Erinnerung an jeden von uns: Geht raus, lebt und fühlt euer Leben genau so wie es sich für euch richtig anfühlt. Seid mutig, seid emphatisch und zeigt euch wie ihr seid.
„Ich denke, wir können den Herausforderungen des Lebens nur begegnen, wenn wir es mit offenen Armen empfangen. Wenn wir die Gefühle, die es auslöst, die Trauer, die Wut, die Scham, wenn wir alle schwierigen Gefühle auch wirklich spüren.“ Kim de l´Horizon
Die wohl schönsten Emotionen haben mit Liebe zu tun. Ganz gleich, ob wir nun Freude, Überraschung oder Stolz empfinden.
All diese Gefühle sind untrennbar mit Liebe zu etwas oder jemandem verbunden. Und sie beflügeln uns, in all unserem Sein.
Im Schatten dieser strahlend schönen Emotionen verstecken sich Trauer, Wut, Ekel und Enttäuschung. Wann immer wir an etwas oder jemanden geglaubt, uns etwas oder jemandem voll und ganz hingegeben haben, können wir auch verletzt werden. So ungern ich an dieser Stelle auch spoilern möchte. Jeder wird verletzt, so wie auch jeder im Laufe seines Lebens verletzt. Das Muster dieser emotionalen Verkettungen wurde uns allen in unseren Rucksack für diese Reise gepackt, lange bevor wir überhaupt laufen konnten.
„Du kannst deine Augen schließen vor den Dingen, die du nicht sehen willst. Aber du kannst nicht dein Herz vor den Dingen schließen, die du nicht fühlen willst.“ Johnny Depp
Erst im Lauf unserer Reise durch das Leben und zu uns selbst lernen wir, Stück für Stück, auch diese schweren Gefühle anzunehmen, und uns ihnen zu stellen. Mit ihnen zu arbeiten, und sie so aus eigener Kraft zu bezwingen und zu überwinden. Und so mühsam und unbezwingbar sich diese Täler auch anfühlen mögen, während wir sie durchschreiten, so steigen wir nicht selten stärker und mutiger aus ihnen heraus. Kaum ein Schicksalsschlag lässt uns nicht auch wichtige Lektionen lernen. Und beim nächsten Mal, wenn wir dieses Tal am Horizont unseres heutigen Weges sehen können, dann sind wir vielleicht schon ein wenig besser vorbereitet, als beim letzten Mal.
Und eines Tages, irgendwann machen uns diese Täler vielleicht keine Angst mehr.
Wir sehen sie kommen, nehmen sie an, und fühlen uns da durch, bis wir wieder einmal, stärker und mutiger als vorher mit unserem Rucksack und der Schatzkarte zum inneren Frieden und uns selbst am Rande eines emotionalen Kraters stehen, und mutig herunterlächeln.
Nicht, weil es leichter wird.
Sondern, weil wir wissen, dass wir daran wachsen werden, und all diese Täler überwinden werden.
Weil wir wissen, wer wir sind.
Und wo.
Toll geschrieben. Danke für diesen starken Text!